“5 Kinder! Wie macht ihr das nur?”, fragt mich die Frau am Sandkasten. Es ist Samstag, Frühsommer, Spielplatzzeit. Der Spielplatz liegt im Wald, da lässt es sich aushalten. .
“Ich hab‘ ja mit meiner Janine-Chantal schon gar keine Zeit mehr“, fährt die Frau fort. „Und wenn ich mir das dann mit 5 Kindern vorstelle. Wie macht ihr das bloß?” Ich hätte der jungen Mutter gerne geantwortet, aber wir werden jäh unterbrochen:
“MAAAAMAAAA……!”, zerschneidet eine Stimme mein Trommelfell. “Da sitzt ein riesiger Käfer in meinem Haar!”
Die Jungmama fährt herum: “Oh, mein Liebling. Das ist aber ein böser Käfer. Der darf doch nicht einfach in deinem Haar herumkrabbeln. Lass Mama mal schauen.”
Dann durchforstet sie die blonden Strähnen ihrer Tochter, sie ist schätzungsweise 6 Jahre alt mit wallender Lockenpracht à la Merida – nur offensichtlich nicht so naturverbunden.
Nach zwei Minuten die Entwarnung: “Ich kann da keinen Käfer finden, mein Liebes. Ich glaube, es ist alles in Ordnung.”
“Maaaamaaaaa!“, erklärt Janine-Chantal. „Er ist in meine Haare geflogen, ich habe es genau gesehen. Er muss da irgendwo sein. Du musst nochmal nachschauen!”.
Pflichtbewusst, durchkämmt Maaamaaa die Haare erneut. “5 Kinder!”, murmelt sie in meine Richtung. “Das mag ich mir gar nicht vorstellen.”
Ich schaue der sichtlich angespannten Erstgebärenden zu, während Sie ihre Tochter entlaust. “Ich habe eine Schere dabei”, biete ich an, aber das versteht sie nicht. Nachdem die Haare ein zweites Mal durchkämmt wurden, zieht die Tochter missmutig ab.
Da kommt mein Sohn (6 Jahre) auf mich zu: “Papa, ich habe eine Spinne gefunden!”
“Eine Vogelspinne?”, frage ich.
“Nein, Papa!“, belehrt mich mein Sohn. „Bei uns gibt es doch keine Vogelspinnen! Das ist ein Mr. Langbein.“
Stolz zeigt er stolz einen Weberknecht in seiner Hand.
“Prima!“, lobe ich ihn. „Schau doch mal, ob Du ihm eine Fliege fangen kannst.”
“Au ja, und dann baue ich ihm eine Höhle!”, ruft der Sohn und läuft davon.
“Wie machst du …”, setzt Maaamaaa nochmal an, wird aber von Janine-Chantal durch heftiges Reißen am Arm unterbrochen. Stumm und vorwurfsvoll deutet Merida auf der Erbse auf einen Fleck auf ihrem weißen Sommerkleid. Sofort greift Maaaamaaaa in ihre Tasche, zaubert ein „Rei in der Tube“ hervor und beginnt den Fleck damit einzureiben.
Unterdessen patscht meine Tochter (10 Jahre) auf uns zu. Ihr T‑Shirt ist durchnässt, aus ihren Haaren tropft Schlamm und ihre Hosentaschen sind bis zum Rand mit nassen Steinen gefüllt. Sie hat wohl den Tümpel hinter dem Spielplatz entdeckt.
“Warst Du tauchen?”, frage ich.
“Ja, und ich habe Dir Steine mitgebracht!”
“Wie nett von Dir, aber ich habe gerade erst frisch geschlachtete Steine vom Metzger geholt, fettreduziert und laktosefrei. Vielleicht magst Du diese Deinem Bruder schenken. Der baut da drüben eine Höhle für Mr. Langbein.”
“Gute Idee, Papa!”, strahlt die Tochter und läuft davon.
Jungmama hat unterdessen die Rei-in-der-Tube-Versuche aufgegeben. Mit dem Ergebnis ist sie nicht zufrieden und zieht stattdessen aus ihrer Tasche ein Ersatzkleid – vielleicht ist es auch ein Reisekoffer.
“Ich muss meine Tochter kurz umziehen”, entschuldigt sie sich. “Sie mag es überhaupt nicht, wenn ihre Kleider Flecken haben.”
“Flecken? Ich habe eine Schere dabei”, versuche ich es nochmal, aber Jungmama versteht mich wieder nicht.
“Das Kleid passt nicht zu meiner Haarspange”, mault Janine-Chantal.
“Aber ich habe kein anderes Kleid dabei”, wendet Jungmama ein.
“Dann musst Du wohl ein anderes holen”, stellt die 6-Jährige fest.
„Dafür müsste ich erst nach Hause fahren“, erklärt Mama.
„Das macht nichts“, erwidert JC gönnerhaft.
“Na gut“, gibt sich JCs Bedienstete geschlagen, „Und unterwegs kaufen wir Dir noch ein Eis, OK?”
„Ich will aber drei Kugeln!“
„Selbstverständlich, mein Liebling.“ Maaaamaaaaa nimmt ihre Tochter an die Hand, und sie gehen von dannen.
Ich schaue den beiden nach. „Warum macht sie das bloß?“, frage ich mich.
Ich genieße noch eine Weile die Sonne, dann stehe ich auf, um meine Kinder einzusammeln. Der Sohn hat aus den Steinen eine Höhle für Mr. Langbein gebaut, die Tochter taucht im Tümpel.
Ich prüfe, dass die Höhle für Mr. Langbein nicht gleich einstürzt. Dann schaue ich nach meiner Tochter:
„Hast Du Frösche gefunden?“, frage ich.
„Nein, aber Kaulquappen, die sind süß!“, kommt es zurück.
„Kommt, Kinder. Es ist Zeit für den Heimweg.“
Mein Sohn verabschiedet sich von Mr. Langbein, meine Tochter stapft aus dem Tümpel, während ihr noch etwas Schlamm aus ihren Haaren tropft.
„Abkärchern?“, fragt sie mich. Ich nicke.
5 Kinder, wie machen wir das bloß? Die einfache Antwort lautet: Ich weiß es nicht genau. Fest steht: Vier helfende Großeltern und eine tolle Frau spielen dabei eine Schlüsselrolle! Und für den Rest gibt es Waschmaschinen, einen Gartenschlauch und vielleicht ein klein wenig Gelassenheit.
Auf dem Heimweg fällt mir noch etwas auf: „Kaulquappen sind süß!“ Bezog sich das auf das Aussehen oder den Geschmack?
Vielleicht muss ich das aber auch gar nicht wissen.