Kassiber in Leuchtschrift

Wer beim Spaziergang befreundete Eltern trifft, kennt diese Dialoge:

„Schön euch zu sehen. Wie läuft‘s bei euch?“
„Wie üblich. Du weißt ja, irgendwer hat immer Pubertät. Was machen eure Teenager? Wollten die nicht spazieren gehen?“
Wir lachen laut auf.
„Spaß beiseite, haben Deine auch den Netflix-Virus?“
„Nö, X-Box-Infektion und Wish-Wisheritis.”


Umso schöner war der letzte Donnerstag! Mein Sohn kam zu mir: „Hey Papa, Du wolltest heute mit mir zu Kassiber in Leuchtschrift.“

Kassiber in Leuchtschrift ist die Show von Samuel Kramer  & Finn Holitzka mit Musik und Poetry. Und da wollte mein Sohn mit mir hin?

Ich bin ihm direkt um den Hals gefallen (um unauffällig seine Stirn zu fühlen – kein Fieber). Dann habe ich den Sicherungskasten im Keller gecheckt – auch kein Stromausfall. Anscheinend wollte mein Sohn tatsächlich lieber auf eine Kleinkunstbühne als vor seinen Monitor.

An dem Abend sind wir tatsächlich gemeinsam nach Offenbach gefahren zur dritten Ausgabe von Kassiber in Leuchtschrift. Das alleine – da werdet ihr mir zustimmen – ist schon ein Feuerwerk der Freude wert. Doch es sollte noch schöner werden.

Der Sohn war von dem Abend hellauf begeistert. Man merkt das untrüglich daran, dass er den gesamten Abend vergessen hat, seinen WhatsApp-Status zu aktualisieren. Insbesondere Jey Jey Glünderling hat ihm so gefallen, dass er gleich nach der Show loslief, um ein Buch von ihm zu kaufen. Was für eine schöne Überraschung, interessiert sich mein Sohn doch sonst nur für Texte, die beginnen mit „Push Button to start…“

Ich hatte dann nach der Show noch ein paar Freunde getroffen und mich bei diesen festgeschwatzt. Erst eine Stunde später viel mir wieder ein: Ich hatte heute doch einen Sohn dabei? (Da merkt man, wie fest der X-Box-Kindersitter unterbewusst eingeplant ist.)

Ich hielt Ausschau und fand meinen Sohn vollständig versunken in einem Sessel. Immer wieder wurde er von glucksenden Lachern geschüttelt und las hingerissen in Jey Jeys Buch „Traumberuf Marktschreier“. Das hatten bisher weder Comics, noch Krimis und erst recht keine Schullektüre geschafft. Dafür brauchte es Poetry Slam…

(True Story, keine Provision. )